Blog #9 Klangwelten entdecken – Neue Musik spielend leicht in den Instrumentalunterricht integrieren
Wer von euch kennt die Hemmschwelle, selbst Neue Musik zu spielen, geschweige denn sowas „Schräges/Abstraktes“ mit den Schülern einzustudieren und auf die Bühne zu bringen
Habt ihr schon einmal die erstaunten Reaktionen des Publikums, der Eltern sowie der Schüler:innen nach einer Aufführung von Neuer Musik erlebt? Vom oft gehörten „Das ist doch keine Musik“, „klingt interessant“ bis zu „Sowas gehört verboten“ gibt es zahlreiche Reaktionen. Doch gerade als Lehrkraft dürfen wir uns davon nicht einschüchtern lassen. Werke der Neuen Musik sind innovativ, öffnen den Horizont aller Beteiligten und machen die Instrumentalklasse zu etwas Besonderem.
In meinem Unterricht haben alle Schüler bereits Erfahrungen mit Neuer Musik gesammelt. Für sie ist es längst zur Selbstverständlichkeit geworden, Neue Musik ohne Ängste und Hemmschwellen zu spielen. Doch wie gelingt es, diese positive Einstellung zu etablieren? Hier teile ich meine Erfahrungen und Herangehensweisen.
Persönliche Erfahrung
In meinem eigenen Unterricht fließt die Klangwelt der Neuen Musik immer mit ein. Auf der einen Seite durch die Einstudierung eines Stückes aus dem Genre Neue Musik für Leistungsabzeichen, Wettbewerbe oder Konzerte, auf der anderen Seite das Experimentieren am Instrument z.B. beim Vertonen eines Kurzfilms, einer Geschichte oder eines Bildes.
Klangsuche von Anfang an
Bereits in der ersten Unterrichtsstunde starte ich mit einer Klangsuche auf der Zither. Darauf gehe ich später noch näher ein.
Jugendprojekte und zeitgenössische Komponisten
In meinen unzähligen Jugendprojekten ist es mir ein sehr großes Anliegen, immer wieder neue Werke von Komponisten unserer Zeit auf die Bühne zu bringen. Die Kinder dürfen die Komponisten kennenlernen, viel über das Werk erfahren und mit dem Komponisten das Werk erarbeiten. Den Einblick, den die Schüler in die Werke bekommen, könnte der Lehrer allein nur beschränkt oder nicht geben.
Besonders in gemeinsamen Projekten wurde mir deutlich, wie viel leichter es ist, Neue Musik in der Gruppe zu spielen. Wenn alle mitmachen, kommt das Gefühl von sich-nicht-trauen gar nicht auf. Es wird selbstverständlich, dass neue Spieltechniken erarbeitet und aufgeführt werden.
Die dabei gesammelten Erinnerungen bleiben unvergessen.
Die persönliche Liebe zur Neuen Musik
Ich liebe es Neue Musik zu spielen und am Puls der Zeit zu sein, so springt dieser Funke auch leichter auf meine Schüler über.
Die Herausforderung: Hemmschwellen und Ängste abbauen
Ich kenne die typischen Hemmungen und Ängste von Lehrer:innen und Schülern bei der Auseinandersetzung mit Neuer Musik sehr genau und erlebe sie immer wieder. Meiner Meinung nach ist es normal, Angst vor Neuem zu haben, da man nie genau weiß, wohin der Weg führt. Trotzdem lasse ich mich davon nicht beirren und wage mich an die reizvolle Welt der Neuen Musik. Das bringt nicht nur Leben und Schwung in meine Zitherklasse, sondern auch die Gewissheit, dass wir neugierig und innovativ bleiben.
Herangehensweise und Methoden
Wie bereits angedeutet, beginne ich meinen Unterricht mit Klangexperimenten an einer Geistergeschichte, um die Schüler direkt in die Welt der Neuen Musik einzuführen und das Instrument zu erkunden. In der ersten Unterrichtsstunde animiere ich sie dazu, die Zither durch Cluster, Kratzen an den Saiten, Klopfen oder das Erzeugen von Windgeräuschen zu erkunden. Diese spielerische Herangehensweise ermöglicht es den Schülern, von Anfang an neugierig auf die vielfältigen Klangwelten des Instruments zu werden.
Die Fortsetzung dieses Ansatzes erfolgt anhand von einfachen Werken, die speziell für Anfänger zugänglich sind. Beispiele hierfür sind „Der fliegende Holländer“ von Maksim Liakh (Edition Zither), „Jungle Beats“ von Peter Hackel (Notenbeilage Zither Magazin) oder „Irrgartenlieder und Zaubersprüche“ von Dorothea Hofmann (Verlag 4‘33) u.v.m.
In jedem Wettbewerb, bei Leistungsabzeichen oder Konzerten integriere ich bewusst Werke aus dem Bereich Neuer Musik. Dadurch gehört sie zum Repertoire der Zither und gewöhnt Schüler und Eltern an die Vielfalt der musikalischen Stilrichtungen.
Besonders erfolgreich war die Einbindung von Neuer Musik in Jugendprojekte. Bei jedem großen Jugendprojekt ist das Kernziel, ein neues Werk von Komponisten unserer Zeit aufzuführen. Während des letzten Jugendprojekts in Linz konnte ich beobachten, wie meine Schüler die Zither mit Schlagzeugbesen, Cellobögen, Bottlenecks, Grillspießen und Paukenschlägeln erkundeten und dabei Klänge erzeugten, die auch für mich neu waren. Die positive Resonanz und die kontinuierlichen Experimente im Unterricht belegen, dass Ängste und Hemmschwellen vollständig verschwunden sind – für mich die Bestätigung eines rundum gelungenen Projekts.
Die positive Wirkung auf die Schüler:innen
In meiner langjährigen Tätigkeit konnte ich wiederholt beobachten, wie meine Schüler durch die Auseinandersetzung mit Neuer Musik in ihren musikalischen Fähigkeiten, ihrer Kreativität und emotionalen Ausdruckskraft gewachsen sind. Das Ergebnis war stets beeindruckend, und die Interpretationen zeugten von einer Einzigartigkeit die mich sehr berührten.
Auch wenn sie die anfänglichen Hürden oft als sehr hoch empfanden, siegte am Ende immer die Freude.
Die große Frage: „Wie kann dies gelingen?“
Die Auseinandersetzung mit Neuer Musik im Instrumentalunterricht scheint auf den ersten Blick sehr aufwendig und kompliziert. Muss es aber nicht sein. Hier sind einige bewährte Methoden, die sich in meiner Unterrichtspraxis als erfolgreich erwiesen haben:
Mein Tipp für den Einstieg
Es muss nicht gleich ein riesengroßes Projekt sein, das dir den Schweiß auf die Stirn treibt. Beginne klein und wähle Werke zeitgenössischer Komponisten, die überschaubar sind und dich nicht überfordern. Dies fördert das Vertrauen und erleichtert die Überwindung von Ängsten.
Die herausragenden Stücke, die in den letzten Jahren für die Nachwuchspreise des internationalen Zitherwettbewerbs in München entstanden sind, bieten einen perfekten Pool zum Stöbern.
Kreative Erkundung
Setze Klangexperimente ein, um die Neugier der Schüler zu wecken. Animiere sie dazu, die Zither auch auf unkonventionelle Weise zu spielen und verschiedene Klänge zu erforschen. Dies kann in der ersten Unterrichtsstunde oder in kleinen Einheiten beim Vertonen eines Wimmelbildes oder einer Geschichte erfolgen.
Einbindung in den Unterrichtsalltag
Integriere Neue Musik regelmäßig in den Unterrichtsalltag, sodass sie zu einer natürlichen Komponente wird. Dies kann durch die Auswahl geeigneter Werke für Auftritte, Wettbewerbe oder Prüfungen geschehen.
Ressourcen und Unterstützung
Nutze verlässliche Ressourcen, wie Pflichtstücke für Wettbewerbe zeitgenössischer Komponisten oder pädagogische Materialien, die speziell für Schüler entwickelt wurden. Dies erleichtert es dir geeignete Stücke zu finden und hilft dir bei der Interpretation.
Projekte und Kooperationen
Initiiere Projekte, bei denen die Schüler die Möglichkeit haben, direkt mit zeitgenössischen Komponisten zusammenzuarbeiten. Dies kann durch Kooperationen mit lokalen Musikschaffenden oder die Teilnahme an Jugendprojekten und Workshops erreicht werden.
Ich wünsche dir und deiner Zitherklasse ein kreatives Schaffen und Experimentieren im Zusammenhang mit dem Thema „Neue Musik im Instrumentalunterricht“ und freu mich von deinen eigenen Erfahrungen, Erlebnisse, Fragen und Herausforderungen zu hören.