
Blog #11 Mehr als Unterricht
Die besondere Beziehung zwischen Schüler undLehrer im Instrumentalunterricht
Habt ihr euch schon einmal gefragt, wie prägend die Beziehung zwischen Schüler*in und Lehrer*in im Instrumentalunterricht sein kann?
Mich fasziniert es immer wieder, wie viele kleine und große Persönlichkeiten jede Woche in meinen Unterricht kommen – bereit, sich mit mir auf die Reise des Zither-Spielens einzulassen und ein Stück ihres Lebensweges mit mir zu teilen.
Dabei spüre ich, wie stark Musik verbindet: Das Vertrauen, das mir meine Schüler schenken, wenn sie ihre Erlebnisse und Gefühle mit mir teilen, zeigt, wie tief diese Beziehung gehen kann. Musik schafft eine Brücke, die weit über den Unterricht hinausreicht.
In diesem Blog möchte ich die besondere Dynamik zwischen Schüler*in und Lehrer*in näher betrachten und zeigen, wie Vertrauen, Inspiration und Motivation den Instrumentalunterricht auf eine ganz eigene Ebene heben.
Vertrauen als Schlüssel zum Erfolg
Ich stelle in meinem Unterricht Vertrauen und Kommunikation an vorderste Stelle. Für mich ist es essenziell, dass meine Schüler mir vertrauen und ich ihnen im Gegenzug ebenfalls. Ausschlaggebend ist dabei eine gute Kommunikation zwischen uns. Ich möchte wissen, was meine Schüler bewegt, aufregt und ihnen durch den Kopf geht. Auf dieser Basis baue ich die Arbeit an den Musikstücken im Unterricht auf, lasse Erlebnisse aus dem Alltag mit einfließen und erreiche – wenn es glückt – eine ganz eigene, vom Schüler selbst inspirierte Interpretation des Stückes. Die Kunst hierbei ist es, die vorhandene Zeit des Unterrichts so gut einzuteilen, dass es keine Plauderstunde wird. Vielmehr geht es darum, Gespräche zu führen, die mit Fingerspitzengefühl in die Arbeit an der Musik überleiten.
Welche Rolle spielt ehrliches Feedback?
Um ein gutes Vertrauen und eine starke Beziehung zum Schüler aufzubauen, ist ehrliches Feedback essenziell. Den Schülern „Honig um den Mund zu schmieren“ oder sie mit falschem Lob zu überhäufen, stärkt die Beziehung nicht – im Gegenteil: Es kann dazu führen, dass das Wort des Lehrers an Glaubwürdigkeit verliert. Schließlich spüren Schüler meistens sehr genau, ob ihr Vorspiel gelungen ist oder nicht.
Zu Beginn habe ich jeden Vortrag mit „Bravo“, „Toll“ und „Super“ kommentiert – ein Fehler, wie ich später erkannte. Meine Schüler fühlten sich nicht mehr angespornt, weiter zu üben, denn die Lehrerin sagte ja sowieso immer „Super“. Auch meine Korrekturen wurden weniger ernst genommen.
Heute formuliere ich mein Feedback klar, ehrlich und zugleich konstruktiv. Dabei achte ich darauf, Kritik mit einer positiven Perspektive zu verknüpfen. Ein Beispiel könnte sein: „Dein Rhythmus ist schon sehr gut! Jetzt arbeiten wir daran, die Dynamik noch ausdrucksstärker zu gestalten – das wird deinem Spiel mehr Tiefe verleihen.“ Dieser Ansatz zeigt den Schülern, dass sie mit Übung vieles erreichen können, und motiviert sie, an sich zu arbeiten. Gleichzeitig ist es wichtig, Lob gezielt einzusetzen, damit es seine Wirkung nicht verliert. So würdige ich besondere Fortschritte oder die Mühe, die ein Schüler investiert hat, ganz bewusst und mit echtem Enthusiasmus. Dieser Wechsel aus konstruktiver Kritik und gezieltem Lob hat die Beziehung zu meinen Schülern gestärkt und den Lernfortschritt enorm gesteigert.
Manchmal bedaure ich es, meine Schüler nur einmal die Woche zu sehen. Umso mehr genieße ich die intensive Zeit bei Jugendprojekten, wo ich sie länger begleiten und auf ganz neue Weise kennenlernen darf.
Wie motivieren Lehrer ihre Schüler? Wie können sie sie inspirieren, über sich hinauszuwachsen?
Über die Jahre habe ich festgestellt, dass die größte Motivation von mir selbst, also vom Lehrer, ausgehen muss. Dabei denke ich oft an ein Zitat von Beate Mitzscherlich aus Musikpsychologie im Instrumentalunterricht: „Das Wichtigste für den Lehrer, der einem Schüler das Musizieren vermitteln will, ist das Sich-bewusst-machen-dessen, was er an Musik in die Welt bringen will.“
- Motivation durch Vorbild und Leidenschaft
Dieses Zitat begleitet mich bis heute, denn ich glaube fest daran: Nur wenn ich selbst von der Musik begeistert bin, kann ich diese Begeisterung auch auf meine Schüler übertragen. Mein Ziel ist es, ihnen zu zeigen, wie großartig es ist, gemeinsam Musik zu machen, und sie damit zu inspirieren, über sich hinauszuwachsen. - Kraft gemeinsamer Projekte
Eine meiner erfolgreichsten Strategien ist die Organisation von Jugendprojekten, bei denen Schüler ihre Begeisterung füreinander und für die Musik entfalten können. Ein Beispiel dafür sind die ZITHERTREFF Jugendprojekte, die fast jedes Jahr stattfinden. Dieses Treffen bringt junge Zitherspieler aus Südtirol und darüber hinaus zusammen, um in Workshops, Ensembles und Konzerten zu musizieren. Das gemeinsame Ziel – ein beeindruckendes Abschlusskonzert – motiviert die Schüler enorm und stärkt nicht nur ihre musikalischen, sondern auch ihre sozialen Fähigkeiten. Ich freu mich auf ZITHERTREFF 2025 in Eppan(I). - Gemeinschaft als Inspiration
Besonders stark wirkt die Motivation, wenn wir als Gruppe zusammenwachsen. Ob auf Reisen, in Proben oder beim Austausch von musikalischen Ideen – die Erlebnisse als Gemeinschaft geben den Schülern das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein. Das inspiriert sie dazu, neue Herausforderungen anzunehmen und sich voller Freude der Musik zu widmen.
Wie schafft man eine Balance zwischen Nähe und Professionalität?
Daraus ergibt sich die Frage: „Wo sind die Grenzen in einer solchen Schüler-Lehrer-Beziehung?“ Dieses Argument ist durchaus berechtigt. Wer selbst unterrichtet, weiß, wie viel Energie es kostet, sich um Schüler und ihre unterschiedlichsten Herausforderungen zu kümmern – und dabei gleichzeitig einen guten Unterricht zu halten.
Mein Vorschlag ist, eine klare, aber feinfühlige Grenze zwischen Privat und Beruf zu ziehen. Den Schülern ein offenes Ohr zu bieten, ist wichtig, aber die Musik sollte stets im Mittelpunkt stehen. Wenn zum Beispiel ein Schüler von Problemen in der Liebe oder Streit mit Freunden erzählt, können diese Emotionen in einem gefühlsbetonten Werk ihren Ausdruck finden. Ich habe beispielsweise einmal erlebt, wie eine Schülerin nach einem Konflikt mit ihrer besten Freundin ein melancholisches Stück mit besonderer Hingabe spielte – ihre Gefühle wurden zur Inspiration für die Interpretation des Werkes.
In solchen Momenten entsteht eine tiefe Verbindung, die die Schüler-Lehrer-Beziehung bereichert, ohne den professionellen Rahmen zu verlassen. Auch ein gutes Verhältnis zu den Eltern ist essenziell, um schwierige Situationen gemeinsam besser zu meistern. Die Eltern können eine wertvolle Unterstützung sein, wenn es darum geht, den Schülern sowohl in ihrer persönlichen Entwicklung als auch im Unterricht weiterzuhelfen.
Besonders berührt mich das Vertrauen, das sie mir schenken, wenn sie von ihren Erlebnissen außerhalb der Musikschule erzählen. Das zeigt mir, wie stark Musik und das gemeinsame Musizieren Schüler und Lehrer auf eine einzigartige Weise zusammenführt. Ich habe für meine Arbeit an der Musikschule eine freundschaftliche Beziehung zu den Schülern aufgebaut und gepflegt. Eine Schülerin meinte: „Du bist die beste Lehrerin, die ich mir nur wünschen kann!“, oder eine andere meinte: „So cool ist es bei dir! Mein kleiner Bruder will auch unbedingt Zither lernen kommen.“
Meine Schüler über Jahre begleiten zu dürfen, sehe ich als ein sehr wertvolles Gut an, mit dem ich achtsam umgehe und es hege und pflege, wie ein großes Geschenk. Ich freue mich auf all die zukünftigen Schüler, die ich noch auf ihrem musikalischen Weg begleiten darf. Denn jede neue Begegnung bringt frischen Wind in den Unterricht und lässt uns gemeinsam wachsen – musikalisch und menschlich.